24. August 2017 bis 20. April 2024

In einer offenen Informationsgesellschaft ist die Macht über die Informationen das größte Gut. Jeff Bezos ist mit Amazon so reich geworden, weil er den größten Verkaufskatalog aller Zeiten besitzt. Mark Zuckerberg ist mit Facebook so reich geworden, weil er jeden Menschen erreichen kann. Die Google-Gründer sind so reich geworden, weil Google sowieso alles weiß. Was aber wäre, wenn die Informationen niemandem gehören würden?

Das ist kein süßer idealistischer Traum, das ist ein technologisches Prinzip, genannt Blockchain. Die Blockchain lässt sich technisch erklären, sie lässt sich wirtschaftlich erklären oder soziologisch. Im Prinzip ist sie ein riesengroßes Datenlager, in dem die Informationen nicht dem gehören, der sie zur Verfügung stellt oder dem, der das Lager betreibt. Sie gehören allen.

Blockchain ist ein dezentral gehaltenes Protokoll für Transaktionen zwischen zwei Parteien, bei dem jede Veränderung transparent erfasst wird. Dezentral bedeutet in diesem Fall, dass die Informationen nicht auf einem einzelnen Rechner oder Server gespeichert werden. Sie werden quasi zerstückelt und auf mehrere Computer verteilt. Die absolute Hoheit über dieses Datenpuzzle hat keine Behörde, keine Firma, kein Hacker – nur die Masse.

„Transaktionen zwischen zwei Parteien“ darf man nicht mit einer Überweisung von der CDU an die SPD verwechseln. Transaktionen können jedwede Art von Informationen beinhalten. Geldfluss, Telefonverbindungen, Gesprächsfetzen. Schon eine Nachricht aufs Smartphone mit dem Gruß „Hallo, wie geht’s?“ löst ein solches Protokoll aus. Und bislang gehört es wahlweise dem Telefonprovider oder dem App-Anbieter.

Im Zuge der NSA-Affäre um den Whistleblower Edward Snowden wurde nun klar, dass die US-Geheimdienste diese Protokolle zu ihrem Zweck missbraucht haben. Sie überwachten nicht nur Terrorverdächtige, sondern spähten internationale Regierungschefs und sogar das eigene Volk aus. Auch Privatkonversationen, die den Geheimdienst wirklich nichts angehen.

Das ist der Nährboden, auf dem alternative Ideen gedeihen. In der Blockchain geht es so weit, dass das Protokoll zu einer einzigen SMS oder WhatsApp-Nachricht in mehrere Blöcke zerteilt werden kann. Einzelnen Blöcke sind am Ende der Kette nicht größer als 40 Byte. Das reicht nicht für ein Handy-Foto. Jeder Block hinterlässt Abdrücke im Sand. Er ist mit dem vorigen Block verbunden, der etwa die Historie des Datensatzes aufschlüsselt. Eine Prüfziffer zählt die Summe seiner Teile. So kann man der Blockkette – eben der Blockchain – keine Teile entreißen, ohne dass es auffallen würde. Es ist wie ein Lego-Bausatz. Nur dass es unmöglich ist, einzelne Teile zu verlieren.

Die Kette kann nicht manipuliert werden
Dass die Kette echt und vollständig ist, wird laufend verifiziert. Digitale Minenarbeiter rattern vollautomatisch über die Datenprotokolle und melden jeden Fehler. Mining nennt man das. Ist ein Block verifiziert, ist er für immer gesichert und versiegelt – für jeden erkennbar. Die Information ist jetzt da. Sie ist geschützt und kann nicht manipuliert, verändert oder verkauft werden. 

Was bringt das der Allgemeinheit?
Mit der Blockchain kann man auf digitalen Datensätzen ein Wasserzeichen anbringen, das unmöglich gefälscht werden kann. Rechte an einem Digitalfoto können so unveränderlich gesichert werden. Auch Urheber eines Patents oder eines Kunstwerks, etwa eines Musikstückes, können diese mit der Blockchain-Technik unveränderlich prägen. Die New Yorker Börse prüft angeblich, teile des Aktienhandels über eine Blockchain laufen zu lassen. Beim Autokauf bräuchte man keinen Fahrzeugbrief mehr, wenn die Daten digital sicher gespeichert wären. Sogar Wahlen könnten mit der Blockchain so aufgebaut werden, dass man gar nicht mehr betrügen kann. Die OSZE hätte eine Aufgabe weniger. Sie bräuchte nur fähige Programmierer. Würden die dann schlampen oder betrügen – es käme ans Licht.

In Honduras kann man schon heute Grundbucheinträge per Blockchain vornehmen. In Estland werden Hochzeitsurkunden mit der Blockchain geschrieben. Nahezu jede internationale Bank steht kurz vor der Einführung einer Blockchain. 

Obschon die Technik noch sperrig und erklärungsbedürftig ist – die Blockchain verspricht eine weitere technologische Revolution. Wohin die Reise geht, ist tatsächlich aber schwer zu sagen.

Dieses Thema interessiert mich. Ich möchte gerne weitere Informationen anfordern.